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Arbeiten und IV | 29. November 2024 | Beatrice Koch

IV-Rente und Arbeiten: Filmriss mit Folgen

Ein dramatisches Ereignis stellte das Leben eines Kochs auf den Kopf. Er erzählt, welche zweite Chancen er genutzt hat und welche Pläne er hat. Der 3. Dezember ist der Internationale Tag der Menschen mit Behinderung. 
«Seit ein paar Wochen arbeite ich im Verpflegungszentrum des BSB. Davor gehört ich zum Mittagsteam im Bio Bistro. Mit den anderen Mitarbeitenden kümmerte ich mich ums Mise en Place, kochte, putzte und räumte auf. Meine Kochlehre hatte ich im «Chez Max» in Zollikon absolviert, das war damals eines der besten Restaurants der Schweiz. Später war ich Küchenchef bei Hilton.» So beginnt André Karlen, 61 Jahre, Mitarbeiter mit IV-Rente im Verpflegungszentrum BSB, seine Lebensgeschichte. 

Arbeiten trotz IV-Rente: Wie man nach einem Schicksalsschlag wieder durchstarten kann

«Vor einigen Jahren bin ich dem Teufel vom Karren gesprungen: Unter Alkoholeinfluss und ohne Helm bin ich mit dem Motorrad gegen eine Wand gefahren und mit dem Kopf frontal aufgeschlagen. 50 Prozent meines Frontallappens waren zerstört. Mein Gedächtnis, mein Orientierungssinn: Alles war weg. Ich konnte einen Mann nicht mehr von einer Frau unterscheiden. Das passierte auf den Philippinen, wo ich damals gearbeitet hatte. Der Schweizer Botschafter hat mich dann entmündigt und in die Schweiz zurückgeschickt. Dabei wollte ich eigentlich nie mehr zurückkehren, meinen Pass hatte ich weggeworfen. Aber auf den Philippinen hätte ich nie die medizinische Behandlung erhalten wie hier. Heute spiele ich sogar wieder Schach.

Arbeiten mit IV-Rente und neue Chancen im Berufsleben

Man hat mich nach Basel geschickt, weil mein letzter Arbeitsort in der Schweiz im Basler Hilton gewesen war. Die ersten Jahre verbrachte ich im Unispital, später im Felix Platter. Ich musste alles wieder lernen, wie ein Kind. Nicht einmal mehr Deutsch konnte ich, nach dem Unfall sprach ich nur noch Englisch. Und ich musste akzeptieren, dass ich selbst schuld bin an meiner Situation. Das hat eine Weile gedauert. Es ist einfacher, anderen die Schuld zu geben.  

Später zog ich ins Wohnhaus Horburghof des BSB. Dort habe ich auch wieder angefangen zu kochen. Mittlerweile wohne ich wieder allein und bin selbstständig. Von meinem Betreuer beim BSB werde ich einmal pro Woche nett kontrolliert.  

Dass ich im Bio Bistro des BSB zwei Chefinnen hatte, daran musste ich mich als alter Macho erst gewöhnen. Manchmal wurde es laut zwischen uns. Aber ich bin sehr froh, dass ich im Bio Bistro arbeiten durfte. Seit Kurzem arbeite ich im Verpflegungszentrum des BSB am Hauptsitz. Die Arbeit als Koch macht mir Spass, durch sie konnte ich kurz vor der Pensionierung nochmals Fuss fassen. Dass das für einen wie mich möglich ist, dafür bin ich dem BSB und dem Staat dankbar.» 

Zusammenfassung in einfacher Sprache

André Karlen ist Koch. Er ist zufrieden. Er arbeitet heute im Verpflegungszentrum des BSB. Vor vielen Jahren hatte er einen schweren Motorradunfall auf den Philippinen. Dieses Land ist sehr weit weg. Sein Kopf und sein Gehirn waren stark verletzt. Er kam zurück in die Schweiz. Er war lange Zeit sehr krank. Jetzt ist er glücklich, weil er wieder mit einer IV-Rente als Koch arbeiten kann.  

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Portrait Beatrice Koch

Beatrice Koch

Freie Journalistin und Texterin im Pressebüro Kohlenberg in Basel

Béatrice Koch schreibt mit Vorliebe über gesellschaftliche, soziale und kulturelle Themen sowie Porträts, u. a. für das BSB-Magazin Horizont.

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