Arbeiten & IV: Chancen schaffen: in der Gastronomie für Menschen mit Behinderung
Die Zusammenarbeit im Gastronomieteam ist zentral. «Für mein Team und mich steht die Behinderung nicht im Vordergrund. Viel wichtiger sind die Fähigkeiten der Mitarbeitenden und darauf bauen wir. Unsere Arbeit kann nur gemeinsam im Team geleistet werden und wir arbeiten Hand in Hand. Ohne unsere Mitarbeiter mit einer IV-Rente könnten wir unsere Gäste nicht verwöhnen», erklärt Jonas Hugi.
Keine sichtbare Unterschiede zu einem klassischen Restaurant
Die zahlreichen Gastronomieangebote des BSB unterscheiden sich aus Sicht des Leiters Gastroservice nicht vom ersten Arbeitsmarkt. Sie möchten ihren Gästen durch die exzellente Qualität der Speisen und die aufrichtige Hingabe im Service einen unvergesslichen Besuch ermöglichen. Die Preise sind marktüblich. Die Restaurantgäste sollen vielleicht erst auf den zweiten Blick merken, dass sie nicht ein klassisches Restaurant besuchen. Oft fallen die relativ vielen Mitarbeitenden auf und entsprechend wird gefragt.
Die Mitarbeitenden mit IV-Rente übernehmen alle Arbeiten, die im Tagesgeschäft anfallen. Vom Waschen, Rüsten und Schneiden von Gemüse bis hin zum Braten von Fleisch. Im Mittagsservice stehen die Mitarbeitenden am Pass (ist die Speisenausgabe in der Küche) oder hinter dem Buffet und richten die Teller für die Gäste an. Manche bedienen gerne die Kasse oder servieren lieber den Gästen das Essen. Je nach Fähigkeit und Interesse sind die Mitarbeitenden im Einsatz. Am Ende des Tages putzen alle gemeinsam das Restaurant oder die Küche, wie es in jedem anderen Gastronomiebetrieb üblich ist, damit das Team am nächsten Tag wieder glanzvoll starten kann.
In der Gastronomie beim BSB arbeiten Menschen jeder Altersgruppe. Die Jüngsten kommen oft wegen einer beruflichen Massnahme über den Jugendförderkurs zum Team und sind zwischen 16 und 18 Jahre alt. Andererseits gibt es auch langjährige Mitarbeiter. Gerade im letzten Dezember wurde ein Mitarbeiter nach 33 Jahren in den Ruhestand verabschiedet.
Auf die Stärken fokussieren
Die UNO-Behindertenrechtskonvention betont das Recht jedes Menschen mit Behinderung auf Arbeit und Gleichberechtigung. Obwohl dies einfach klingt, ist dies im Alltag oft herausfordernd. Jonas Hugi betont: «Wir neigen dazu, uns auf Schwächen zu konzentrieren, anstatt die einzigartigen Stärken der Menschen zu erkennen, insbesondere bei Menschen mit Behinderung. Wenn wir uns auf die individuellen Stärken unserer Mitarbeitenden konzentrieren, treten ihre vermeintlichen Schwächen oft in den Hintergrund. Unternehmen tragen eine besondere Verantwortung, Chancen für Menschen mit Behinderung zu schaffen. Diese Menschen können nicht nur in ihrem Bereich Spitzenleistungen erbringen, sondern sie erweisen sich oft als äusserst loyale Teammitglieder.»
Unternehmen im allgemeinen Arbeitsmarkt müssen integrative Arbeitsumgebungen schaffen. Vielfalt ist mehr als soziale Verpflichtung, sondern auch Motor für Innovation und Erfolg. Eine diversifizierte Belegschaft ist nicht nur ethisch richtig, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll. Jeder Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin, mit oder ohne Behinderung, trägt zu einem dynamischen Team bei.
«Die Anerkennung und positive Resonanz, die wir durch unsere Gäste in den Restaurants erfahren, sind für uns nicht nur Bestätigung, sondern auch Ansporn,» betont Jonas Hugi. Er ist überzeugt: «Unsere Tätigkeit bewirkt nicht allein kulinarische Genüsse, sondern auch eine positive Veränderung im Leben unserer Mitarbeitenden.»
Mit einer Ausbildung in die Zukunft investieren
Ausbildungen sind für die Gastronomiebranche sehr wichtig. Leider hat der Beruf des Kochs oder der Köchin in den letzten Jahren an Ansehen verloren, und es fehlen viele gut ausgebildete Fachkräfte in der Gastronomie. Es liegt somit in der Verantwortung der Gastronomen, attraktive Ausbildungsplätze anzubieten und in die eigene Zukunft zu investieren. Jonas Hugi betont das Wort «investieren», da die Ausbildung Geld und viel Zeit kostet, und dies müsse man in junge Menschen investieren.
In neun Restaurants des BSB liegt der Schwerpunkt bei den Ausbildungen als berufliche Massnahme der Invalidenversicherung in der Küche. Es werden Koch/Köchin EFZ, Küchenangestellte/r EBA und Hilfskräfte ausgebildet. Im Service-Bereich werden die Berufe Restaurantangestellte/r EBA und Hilfskraft angeboten. Im August 2024 haben acht Lernende in der BSB-Gastronomie angefangen. Jonas Hugi erklärt: «Die Anforderungen für den Abschluss sind für alle gleich. Wir haben jedoch unser Setting an unsere Lernenden angepasst, damit sie die nötigte Unterstützung erhalten, um den Abschluss zu realisieren.»
Alle Lernenden aus den BSB-Küchen besuchen einmal in der Woche einen Ausbildungstag, an welchem sie unterstützt und an ihren fachlichen Fähigkeiten individuell gearbeitet wird. Manche Auszubildende haben Schwierigkeiten im Rechnen oder Lesen, manche Probleme mit der Feinmotorik. Beim Ausbildungstag gilt das Prinzip der Gleichberechtigung. Er ist nicht nur für Lernenden einer beruflichen Massnahme , sondern für alle Lernenden aus den Küchen des BSB.
Gute Aussichten im allgemeinen Arbeitsmarkt
Jonas Hugi fordert eine stärkere Verbindlichkeit im allgemeinen Arbeitsmarkt, Menschen mit Behinderung zu integrieren und sie als vollwertige Teammitglieder einzubinden. Es braucht etwas Mut, den ersten Schritt zu machen und sich als Unternehmer auf sie einzulassen. Unternehmen wie das BSB können gemeinsam in einer Partnerschaft, mit Arbeitsvermittlung oder als Teil eines Lehrverbundes unterstützen. Die Vernetzung und Zusammenarbeit zwischen dem allgemeinen und zweiten Arbeitsmarkt müssen verstärkt werden.
Der erste Arbeitsmarkt funktioniert nicht für alle Mitarbeiter mit Behinderung. Aus Jonas Hugis Sicht braucht es beide Arbeitsmärkte. Der zweite Arbeitsmarkt kann ein Einstieg ins Berufsleben sein, aber auch wieder ein Auffangnetz. Einige Mitarbeitende kommen ausschliesslich im zweiten Arbeitsmarkt zurecht. Sie müssen eine Arbeitsoption erhalten.
Die meisten Lernenden, die ihre Ausbildung im BSB Gastroservice absolvieren und über die IV-Stelle zum BSB gelangen, arbeiten nach dem Abschluss erfolgreich im allgemeinen Arbeitsmarkt. Selbstverständlich arbeiten einzelne Lernende nach der Ausbildung in einem der BSB-Restaurants weiter. Die Aussicht ist sehr vielversprechend, eine Stelle in der Gastronomie oder in einer anderen Branche im allgemeinen Arbeitsmarkt zu finden. Jonas Hugi meint: «Viele unserer Lernenden sind in der Praxis besonders stark, jedoch weniger im Schulischen. Nach der Ausbildung überzeugen sie mit ihren fachlichen Kompetenzen in der Küche.»
Hospitality-Branche ist offen für Menschen mit Behinderung
Die Gastronomie und Hotellerie bieten Menschen mit Behinderung eine herausragende Chance, denn es sind ganz unterschiedliche Fähigkeiten sind gefragt. «Doch noch bedeutender ist, dass wir es gewohnt sind, mit vielfältigen Menschen – sei es mit Gästen oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – zusammenzuarbeiten,» erklärt Jonas Hugi. Man muss nur mutig sein und einfach ausprobieren. Es braucht möglicherweise mehr Zeit und Verständnis. Eine Partnerschaft mit einem Unternehmen wie dem BSB kann für eine erfolgreiche Integration helfen.
Die Welt der Gastronomie und Hotellerie ist geprägt von Vielfalt, Farbenpracht, Abwechslung, Andersartigkeit, Emotionen, Aufregung und vielem mehr. Warum sollte dies bei unseren Mitarbeitenden anders sein?
Eine vielfältige Gastronomie beim BSB
Das BSB verfügt über mehr als 20 Betriebe mit über 500 angepassten Arbeitsplätzen. In den Gastronomiebetrieben des BSB arbeiten die meisten Mitarbeitenden mit einer IV-Rente in einem der drei Bio Bistros an den Standorten Gundeldinger Feld, Bachgraben und Westfeld. Auch das Verpflegungszentrum am Hauptsitz sowie die Küchen der Pflegezentren Bruderholz, Weiherweg, Zum Lamm, Burgfelderhof und Falkenstein bieten angepasste Arbeitsplätze. Das Verpflegungszentrum ist nicht nur Personalrestaurant, sondern bekocht und beliefert zudem die Wohnhäuser Lindenhof, Claragraben und Horburghof mit Essen.
Die Vielfältigkeit der BSB-Gastronomiebetriebe ermöglicht es, für die Mitarbeitenden den richtigen Arbeitsplatz zu finden und jungen Menschen eine unterstützende Umgebung während ihrer Ausbildung zu bieten.
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